Zurück 14.09.21

Anfrage: Situation von Sexarbeiter*innen in Zeiten von Corona

Antrag

Am 27. März 2020 erließ die Landesregierung die Bayerische Infektionsschutz-maßnahmenverordnung, mit der sie flächendeckend den Betrieb von konzessionspflichtigen Prostitutionsgewerben untersagte. Am 01.07.2017 trat das Gesetz zum Schutz von in Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG) in Kraft. Für das Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München ergaben und ergeben sich daraus diverse Aufgaben...

Begründung

Die Einführung des ProstSchG wurde von unterschiedlichen Positionen begleitet. Vordergründig sollte es zum Schutz von Prostituierten und Sexarbeitenden sowie gegen Gewalt und Menschenhandel eingeführt werden. Doch es gab zugleich auch Zweifel an diesem Zweck. Der mit der Einführung des Gesetzes einhergehende sogenannte „Hurenpass“ würde Sexarbeitende stigmatisieren, das Gesetz viele Betroffene kriminalisieren. Weiterhin erfasst das ProstSchG nicht die Anzahl der illegal tätigen Sexarbeiter*innen, der Minderjährigen, sowie der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Der überwiegende Anteil der Sexarbeiter*innen stammt aus prekären Lebenslagen und / oder aus Osteuropa, insbesondere aus Rumänien, Bulgarien, Polen, Russland, Tschechien und Ungarn. Viele dieser Sexarbeiter*innen haben keine legale Aufenthaltserlaubnis, leben in Abhängigkeitsverhältnissen und sind allein von ihren Einnahmen abhängig. Der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen weist darauf hin, dass diese Sexarbeiter*innen keinen festen Wohnsitz und keine Krankenversicherung haben sowie in den Bordellen wohnen.

Vor diesem Hintergrund bitten wir den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:

    1. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 ProstSchG wurden seit dem Inkrafttreten im Juli 2017 bei der Landeshauptstadt München gestellt? Bitte aufschlüsseln nach Großbordellen/ Laufhäusern, FKK- und Saunaclubs, Terminwohnungen, Privatwohnungen, Escortvermittlungen, sonstigen Anbahnungsorten von Prostitution.
    2. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis wurden bisher bewilligt? Bitte aufschlüsseln nach den oben genannten Arten von Prostitutionsstätten.
    3. In wie vielen Fällen wurde die Erlaubnis mit Auflagen verbunden und welcher Art waren diese Auflagen?
    4. Wie lange war bisher die durchschnittliche Wartezeit von der Antragstellung bis zur Bewilligung des Antrags einer Betriebserlaubnis?
    5. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis wurden bisher versagt? Bitte aufschlüsseln nach den oben genannten Arten von Prostitutionsstätten.
    6. Aus welchen Gründen erfolgten Versagungen der Erteilung einer Betriebserlaubnis? Bitte die Gründe quantifizieren.
    7. Wie viele Mitarbeiter*innen (VZÄ) kümmern sich derzeit bei der zuständigen Stelle um die Bearbeitung von Anträgen zur Erlaubnis eines Prostitutionsgewerbes?
    8. Hält das Kreisverwaltungsreferat die Zahl der mit der Erlaubnis von Prostitutionsgewerben befassten Mitarbeiter*innen für ausreichend?
    9. Wie oft wurden bisher im Zusammenhang mit der beantragten Erlaubnis von Prostitutionsgewerben Kontrollen gemäß § 29 ProstSchG durchgeführt? Bitte aufschlüsseln nach den oben genannten Arten von Prostitutionsstätten.
    10. Wie oft wurden bisher Kontrollen gemäß § 31 ProstSchG durchgeführt?
    11. Wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 33 ProstSchG wurden bislang gegenüber Betreiber*innen eines Prostitutionsgewerbes eingeleitet beziehungsweise mit welchen Ergebnissen abgeschlossen? Bitte entsprechend den Tatbeständen nach § 33 ProstSchG aufschlüsseln.
    12. Wie viele Sexarbeiter*innen sind aufgrund der Angaben in den Anträgen für die Erlaubnis eines Prostitutionsgewerbes in München insgesamt tätig? Bitte aufschlüsseln nach den oben genannten Arten von Prostitutionsstätten.
    13. Wie viele „Informations- und Beratungsgespräche“ gemäß § 7 ProstSchG wurden seit Juli 2017 in München durchgeführt? Bitte quartalsweise aufgelistet darstellen.
    14. Wie viele dieser Beratungen waren Erstberatungen? Wie viele waren Folgeberatungen?
    15. Werden die „Informations- und Beratungsgespräche“ für Sexarbeiter*innen von im Themenfeld Sexarbeit, Trauma und Diskriminierung geschulten Mitarbeiter*innen durchgeführt?
    16. Müssen Frauen* einen Mann als „Berater“ in den „Informations- und Beratungsgesprächen“ akzeptieren oder können Sexarbeiter*innen auch eine sie beratende Person* der eigenen geschlechtlichen Identität wählen?
    17. Wie viele Anmeldebescheinigungen für Prostituierte wurden seit Juli 2017 erstmals ausgehändigt, wie viele wurden verlängert?
    18. In wie vielen Fällen mussten seit Inkrafttreten des ProstSchG „Maßnahmen bei Beratungsbedarf“ gemäß § 9 ProstSchG initiiert werden?
    19. Wie viele Fälle von Zwangsprostitution konnten seit Inkrafttreten des ProstSchG durch die Teilnahme von Sexarbeiter*innen an Beratungen gemäß § 10 bzw. § 7 ProstSchG festgestellt werden?
    20. Welche Staatsangehörigkeiten haben die Sexarbeiter*innen, die in München ihre Tätigkeit angemeldet und eine Anmeldebescheinigung für Prostituierte erhalten haben?
    21. Welche neuen Unterstützungsbedarfe ergeben sich für die Landeshauptstadt München aus dem Verbot der Ausübung von Sexarbeit vom 27. März 2020 für die Betreuung während der Corona-Pandemie von Sexarbeiter*innen?
    22. Welche Bedarfe ergeben sich aus Sicht der Verwaltung aus dem Verbot der Ausübung von Sexarbeit vom 27. März 2020 für die Sexarbeiter*innen?
    23. Wurde für Sexarbeiter*innen in München eine Aufhebung des Zwangs zum persönlichen Erscheinen beim Gesundheits- und beim Kreisverwaltungsreferat erlassen?

Initiative

Marie Burneleit - Die PARTEI, Stefan Jagel - DIE LINKE

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