Die LH München gründet in allen Stadtteilen dezentrale sogenannte „LebensMittelPunkte“ entsprechend dem Konzept des Ernährungsrates Berlin¹. An diesen offenen Orten werden überwiegend regionale, hochwertige Nahrungsmittel gehandelt, gelagert, verarbeitet, gekocht und gegessen.
Die Corona-Pandemie zeigt eindrucksvoll, wie anfällig unsere globale, auf Profitmaximierung ausgerichtete Lebensmittelindustrie ist, und dass auch in diesem System unterdrückende Strukturen reproduziert werden, und ein ungerecht verteilter Zugang zu Ressourcen besteht. Beispielhaft zeigt sich dies im kurzfristigen Zusammenbruch der Versorgung von bestimmten global gehandelten Lebensmitteln und in den offensichtlich werdenden ausbeuterischen Arbeitsbedingungen von Saisonarbeiter*innen in unserer regionalen industriellen Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung, wie zum Beispiel in Schlachthöfen. Außerdem zeigt sich die überproportionale Betroffenheit von sozial und finanziell benachteiligten Schüler*innen, denen mit dem Wegfall des Präsenzunterrichts auch der Zugang zu subventioniertem Schulessen verwehrt bleibt.
Das in der Koalitionsvereinbarung von Grünen und SPD geforderte Konzept eines „House of Food“ kann den Weg in Richtung Ernährungsgerechtigkeit der Stadt München einschlagen. Zusätzlich zur Koordinierung von Erzeuger*innen und Verarbeitenden, wie Gastronomie, Kantinen und Hotels ermöglichen die „LebensMittelPunkte“ auch den direkten Draht zu den Bürger*innen. Die dezentrale Etablierung dieser Einrichtungen sorgt auch für die Einbeziehung besonders benachteiligter Stadtteile.
Durch die Schaffung solcher Begegnungsorte wird es möglich, dass die Stadt München die sichtbar notwendige Ernährungswende vor Ort unterstützt. Die Stadt bekommt so eine weitere Möglichkeit die sozial ökologische Transformation voranzutreiben. Diese vielfältigen Orte schaffen Raum für das auch in der Klimakrise relevante Thema der Ernährung. So können regionale Initiativen wie solidarische Landwirtschaften, Junglandwirt*innen oder Gärtner*innen in ihrer regionalen Lebensmittelerzeugung unterstützt werden. Gleichzeitig bieten sich Räume für gemeinschaftliche Begegnung rund um das Thema Ernährung, also gemeinsames Kochen und Einmachen, Fortbildungen und auch Verteilung von überschüssigen oder geretteten Lebensmitteln. Der Zugang zu diesen von der Stadt getragenen Orten ist dabei offen für alle, unabhängig von Religion, Geschlecht, Herkunft, Behinderung, Alter oder sozio-ökonomischen Status. Mit dem Ökologischen Bildungszentrum (ÖBZ)2 gibt es vergleichbare Orte von denen viel gelernt werden kann. Mit dezentralen "LebensMittelPunkten" soll auch benachteiligten Bürger*innen besser ermöglicht werden solche Erfahrungsräume zu betreten. So sollen Menschen beispielsweise auch spontan nach ihrer Arbeit noch im dortigen Gemeinschaftsgarten Gemüse ernten können, um dieses dann gemeinschaftlich für ein Abendessen mit Kindern und Nachbar*innen vor Ort zuzubereiten.
Die Ernährungswende weg von globalen Lieferketten, basierend auf einer kolonialen und ungerechten Aneignung von Ressourcen, hin zu einer regionalen, saisonalen und nachhaltigen Ernährung, geht nur über die Erfahrung woher unsere Lebensmittel eigentlich kommen. Das Konzept der „LebensMittelPunkte“ bringt diesen Erfahrungsraum auch in die Stadt und ist somit ein wichtiger Baustein für die lebenswerte Stadt der Zukunft.
1 http://ernaehrungsrat-berlin.de/lebensmittelpunkte/
Marie Burneleit - Die PARTEI, Thomas Lechner - parteilos